Neues Ausbildungsmodell fördert Forschungskarrieren für Ärztinnen und Ärzte in der Evolutionären Medizin

DFG unterstützt Programm für “Klinische Forschende in der Evolutionären Medizin” an der Medizinischen Fakultät der CAU mit rund zwei Millionen Euro.

5. November 2018

Pressemitteilung der CAU Kiel

Sowohl die medizinische Forschung als auch die Ausbildung von Ärztinnen und Ärzten leiden zunehmend darunter, dass immer weniger Medizinerinnen und Mediziner sich für eine Karriere in der Forschung entscheiden und stattdessen eine praktische Ausbildung anstreben. Die Medizinische Fakultät der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) tritt diesem Umstand nun gemeinsam mit dem Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH), dem Plöner Max-Planck-Institut für Evolutionsbiologie (MPI-EB) und der Lungenclinic Großhansdorf entgegen und schafft ab dem Frühjahr 2019 ein Ausbildungsprogramm für „Klinische Forschende in der Evolutionären Medizin (Englisch: Clinician Scientists in Evolutionary Medicine, CSEM)“. Ziel ist neben der Verbesserung der medizinischen Ausbildung besonders die weitere Verwurzelung evolutionsbiologischer Prinzipien in der medizinischen Forschung. Davon erhoffen sich die Initiatorinnen und Initiatoren des Kieler Programms nachhaltige Strategien zum Beispiel im Kampf gegen Behandlungsresistenzen bei verschiedenen schwerwiegenden Krankheiten. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) fördert das CSEM-Programm, das sich an Medizinerinnen und Mediziner in der Facharztausbildung richtet, zunächst für drei Jahre mit rund zwei Millionen Euro.

„Die Unterstützung der DFG bestätigt die Bestrebungen unserer Universität, die medizinische Forschung stärker aus einer evolutionären Perspektive zu betrachten“, betont Professorin Karin Schwarz, CAU-Vizepräsidentin für Forschung. „Wir hoffen, diese wichtige Sichtweise einer neuen Generation von Medizinerinnen und Medizinern mit auf den Weg zu geben und so dazu beizutragen, uns für die großen gesundheitlichen Herausforderungen von der Antibiotika-Krise bis zum Kampf gegen den Krebs zu wappnen“, ergänzt Schwarz. Die wissenschaftlichen Schwerpunkte des CSEM-Programms umfassen zum Beispiel Krankheitsbilder wie entzündliche Hauterkrankungen, Autoimmunerkrankungen, die auf eine gestörte Bakterienbesiedlung des Körpers zurückgehen, sowie verschiedene Krebserkrankungen. Auch evolutionäre Mechanismen wie zum Beispiel die Resistenzentwicklung von Krankheitserregern gegen antibiotische Wirkstoffe stehen im Mittelpunkt des Forschungsinteresses. „In unserem neuen Ausbildungsansatz wollen wir evolutionsbiologische Prinzipien auf die Entstehung und Ausprägung dieser verschiedenen Krankheiten und die dafür verantwortlichen Prozesse anwenden“, unterstreicht Professor John Baines, CAU-Evolutionsbiologe und künftiger Leiter des CSEM-Programms. „Schon heute lässt sich erkennen, dass die Evolutionäre Medizin auf diesen Gebieten vielversprechende Perspektiven eröffnet hat. Diese Ansätze wollen wir weiterverfolgen und systematisch in die medizinische Ausbildung einfließen lassen“, so Baines weiter.

Eine Besonderheit des Modells ist die individuelle Unterstützung mittels sogenannter Forschungs-Tandems: Die Medizinerinnen und Mediziner in der Facharztausbildung werden von einem Mentoring-Paar unterstützt, das jeweils aus einem Projektleiter oder einer Projektleiterin der klinischen Forschung und der Grundlagenforschung besteht. Gemeinsam bearbeiten sie spezifische Fragen aus der Evolutionären Medizin wie das Zusammenwirken von Wirtsorganismen und Bakterien, die Entwicklung des Darmmikrobioms oder die Evolution von Antibiotikaresistenzen. So können die Teilnehmenden ihre individuellen Kompetenzen an der Schnittstelle von Grundlagenforschung und Klinik einbringen und weiterentwickeln und damit ihre Forschungslaufbahn vorantreiben. Zudem hilft die Auseinandersetzung mit den evolutionsbiologischen Denkweisen dabei, diese Stück für Stück in medizinischen Studien und mittelfristig im Behandlungsalltag zu verankern.

Im Zuge der neuen Initiative schafft die Medizinische Fakultät mit der Unterstützung der DFG zunächst dreizehn neue Stellen, die idealerweise von den besten zehn Prozent der jeweiligen Doktorandinnen und Doktoranden der Humanmedizin an der CAU besetzt werden sollen. Die angehenden Fachärztinnen und Fachärzte werden im Rahmen der Ausbildung auf eine Karriere in der klinischen Forschung auf einem der in der Kieler Region vertretenen Wissenschaftsgebiete vorbereitet. Das CSEM-Programm insgesamt ist eingebettet in eine übergreifende Initiative zur Stärkung der Ausbildung in der klinischen Forschung am Standort Kiel. Die Medizinische Fakultät will damit gemeinsam mit dem UKSH Klinikerinnen und Kliniker von der Erlangung des medizinischen Doktortitels bis hin zu einer Professur in der klinischen Forschung fördern. Diese Initiative soll insbesondere im Rahmen des kürzlich bewilligten schleswig-holsteinischen Exzellenzclusters „Precision Medicine in Chronic Inflammation“ (PMI) in den kommenden Jahren umgesetzt werden. Bei der gestärkten Förderung der klinischen Forschung insgesamt spielen also neben der Evolutionären Medizin auch die Entzündungsforschung und daraus ableitbare Strategien für eine translationale Präzisionsmedizin eine wichtige Rolle.

Die CAU eignet sich als Standort für eine evolutionsmedizinische Ausbildung besonders, da sie sich gemeinsam mit ihren Partnerinstitutionen in der Region immer mehr zu einem bundesweiten Leuchtturm in der evolutionsbiologischen Forschung entwickelt. So schuf die CAU als erste Universität deutschlandweit eine Sektion für Evolutionäre Medizin. Sie ist zudem in verschiedenen großen evolutionswissenschaftlich orientierten Forschungskonsortien wie dem Exzellenzcluster Entzündungsforschung, dem Leibniz WissenschaftsCampus „Evolutionary Medicine of the Lung“ oder dem Sonderforschungsbereich 1182 „Entstehen und Funktionieren von Metaorganismen“ aktiv.

Weiterhin steht in Kiel die evolutionäre Sichtweise schon im Master- und Promotionsstudium im Mittelpunkt, unter anderem in der gemeinsam mit dem Plöner MPI-EB geleiteten Graduiertenschule „International Max Planck Research School for Evolutionary Biology“. Mit dem „Kiel Evolution Center“ (KEC) ist an der CAU zudem ein deutschlandweit einzigartiges Zentrum entstanden, das diese verschiedenen Aktivitäten und Akteure bündelt und vernetzt und so den Forschungsstandort stärkt. „Die Bewilligung des CSEM-Programms bestätigt erneut unser Konzept der translationalen Evolutionsforschung: Mehr und mehr setzt sich die Erkenntnis durch, dass die Anwendung grundlegender evolutionärer Erkenntnisse das Potenzial hat, insbesondere auch der medizinischen Forschung und Therapie entscheidende Impulse zu liefern“, kommentiert Professor Hinrich Schulenburg von der CAU, KEC-Sprecher und einer der Projektleiter im CSEM-Programm, die positive Entscheidung der DFG.

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Bildunterschrift: John Baines, Professor für Evolutionäre Genomik an der Medizinischen Fakultät der CAU, leitet das neu geschaffene CSEM-Programm.
Copyright: Christian Urban, Universität Kiel

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Text / Redaktion: ► Christian Urban

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