Das T6SS, ein Alleskönner vieler – aber nicht aller - Bakterien

Das Typ-VI-Sekretionssystem (T6SS) ist ein molekularer Mechanismus, der es bestimmten Bakterien ermöglicht, Konkurrenten zu töten, Wirtszellen zu manipulieren und Nährstoffe aufzunehmen. Wer möchte solche Superkräfte missen? Tatsächlich ist dieser Sekretionsapparat unter den Bakterien weit verbreitet. Gleichzeitig gibt es aber auch viele Bakterienspezies, denen diese Eigenschaft völlig fehlt. Selbst unter den Stämmen derselben Art haben einige ein T6SS und andere nicht. Womit könnte das zusammenhängen?
 

Sowohl in der Natur als auch im Menschen sind Bakterien Situationen ausgesetzt, in denen mehrere Bakterien um den gleichen Platz oder die gleichen Nährstoffe konkurrieren. Dabei kann es von entscheidendem Vorteil sein über einen Mechanismus wie dem T6SS zu verfügen, mit dem der Gegner umgebracht und zusätzliche Nährstoffe aufgenommen werden können. So gibt es beispielsweise Anzeichen dafür, dass sich Cholera-Bakterienstämme der 7. Pandemiewelle durch ihr T6SS von Stämmen der vorhergehenden Cholera-Pandemien unterscheiden (Link zur PM). Die aktuelle Forschung hierzu einmal grundlegend zusammenzufassen und zu bewerten, kann also ein Ausgangspunkt für spannende weitere Forschungsfragen und Überlegungen sein.

 

Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Evolutionsbiologie, der Universität Kiel und des Max-Planck-Instituts für Terrestrische Mikrobiologie veröffentlichten diese Woche einen Review-Artikel, in dem sie genau dies tun. Dabei legen sie nicht nur den aktuellen Forschungsstand zum Thema T6SS dar, sondern stellen auch Überlegungen dazu an, welche Faktoren darüber entscheiden, welche Bakterien mit einem T6SS ausgestattet sind und welche nicht.

 

Wie die Erkenntnisse zeigen, sind offenbar verschiedene Bereiche relevant. Das T6SS kommt zwar in völlig verschiedenen Ökosystemen vor, z.B. sowohl im Meer als auch im Erdboden, allerdings ist es häufiger bei Bakterien, die von einem anderen Organismus abhängig sind (wie beispielweise im menschlichen Mikrobiom) als bei „freilebenden“ Bakterien.

Andererseits besitzen viele pathogene Bakterien ein T6SS, beispielsweise häufig diejenigen, die zu den multiresistenten Keimen gehören.

Auch fand man heraus, dass es Unterschiede je nach lokaler Herkunft eines bestimmten Bakteriums gibt. Die Bakterien ein und derselben Spezies können an einem Ort ein T6SS besitzen, an einem anderen Ort jedoch nicht. Dass häufig beide Varianten nebeneinander existieren, zeigt auch, dass das T6SS nicht nur Vorteile bringt, denn die energetischen Kosten, die ein Bakterium für den Sekretionsapparat aufbringen muss, sind nicht zu vernachlässigen.

 

Diese Analyse des aktuellen Forschungsstands macht also deutlich, dass die Forschungen zum Sekretionssystem T6SS noch nicht an einem Endpunkt sind. Vielmehr wird es lohnend sein, sich noch eingehender mit verschiedenen Bakterienarten zu beschäftigen um herauszufinden, welche  Bakterien das T6SS einsetzen - und wozu.

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