Neue Erkenntnisse: PRDM9 und seine Rolle bei Hybridsterilität und Meiotischer Rekombination bei Wildmäusen

12. März 2024

Unfruchtbarkeit ist ein weit verbreitetes Gesundheitsproblem, das sowohl die männlichen als auch die weiblichen Fortpflanzungsorgane betrifft. Die Fruchtbarkeit, die für die Empfängnis und die Entwicklung gesunder Kinder entscheidend ist, hängt von normalen Eiern und Spermien ab, die durch meiotische Zellteilung produziert werden. Das Verständnis der regulierenden Mechanismen dieser Prozesse ist entscheidend, um das Rätsel der Unfruchtbarkeit und Chromosomenanomalien zu lösen. PRDM9 spielt eine wichtige Rolle bei der Regulation der meiotischen Rekombination, beeinflusst jedoch auch die Hybridsterilität bei wilden Mäusen. Neue Forschungsergebnisse der Arbeitsgruppe Meiotische Rekombination und Genominstabilität am Max-Planck-Institut für Evolutionsbiologie in Plön, in Zusammenarbeit mit der Gruppe von Professor Jiří Forejt am Institut für Molekulare Mausgenetik der Tschechischen Akademie der Wissenschaften, zeigen, dass die Hybridsterilität oligogenetisch durch PRDM9 auch bei wilden Mäusen kontrolliert wird und daher außerhalb des Labormodells liegt.

Die neuesten Erkenntnisse bieten entscheidende Einblicke in die genetischen Grundlagen von Unfruchtbarkeit und Hybridsterilität bei Säugetieren. Besonders hervorgehoben wird die Rolle des Proteins PRDM9, das die Position der meiotischen Rekombination im Genom präzise bestimmt. Indem es spezifische epigenetische Modifikationen vornimmt, fungiert das Protein als Signalmolekül für andere Protein-Komplexe. Die hochkonservierte Domäne von PRDM9 interagiert direkt mit verschiedenen Enzymen, um die Chromatinstruktur umzubauen und somit das DNA für die Rekombination zugänglich zu machen. Dieser Prozess führt zur gezielten Initiierung von Doppelstrang-DNA-Brüchen und trägt wesentlich zur genetischen Vielfalt bei.

Die schnelle Variabilität der DNA-Bindungsdomäne von PRDM9 führt zu bemerkenswerter Vielfalt in vielen verschiedenen Organismen, wie in der Vergangenheit bei verschiedenen Organismen beobachtet wurde. Diese Variabilität kann auch die Unterschiede in der Positionierung der meiotischen Rekombination zwischen verschiedenen Individuen erklären. Diese Variabilität hat jedoch auch eine Kehrseite: Unterschiede in PRDM9 zwischen Unterarten machen es zum einzigen bekannten Gen für Hybridsterilität bei Wirbeltieren. Wenn männliche Nachkommen von zwei verschiedenen Unterarten von Mäusen aus bestimmten Laborstämmen mit unverträglichen Varianten von PRDM9 aufeinandertreffen, führt dies zur Beendigung der Meiose und damit zur Unfruchtbarkeit der männlichen Nachkommen. Dieses Prinzip wurde in den letzten Jahren bei aus wilden Mäusen abgeleiteten Inzuchtstämmen verschiedener Unterarten bestätigt.

Das Prinzip der Hybridsterilität sollte auch in freier Wildbahn gelten. In einer natürlichen hybriden Zone in freier Wildbahn wurden jedoch nur sehr wenige unfruchtbare Nachkommen derselben beiden Mausunterarten gefunden, und die Genome von wilden Mauspopulationen unterscheiden sich bereits sehr von denen von Laborstämmen. "Daher war es wichtig zu untersuchen, welche Varianten des PRDM9-Proteins bei wilden Mäusen vorkommen, um ihre evolutionären Beziehungen zu charakterisieren und die Auswirkungen natürlicher PRDM9-Variationen im Zusammenhang mit hybrider Sterilität zu untersuchen", sagt Dr. Linda Odenthal-Hesse, Leiterin der Forschungsgruppe Meiotische Rekombination und Genominstabilität.

Die Rolle von PRDM9 und die nicht-binäre Regulation

In fünf verschiedenen wild gefangenen Mauspopulationen, die zwei Mausunterarten angehören, wurden vierzehn Prdm9-Allele identifiziert, von denen acht neu waren. Die Untersuchung der Evolution und phylogenetischen Beziehungen dieses sehr komplexen Gens wurde mithilfe neu entwickelter computergestützter Werkzeuge erreicht, die auf mathematischen Vorhersagen der komplexen Evolution des PRDM9-codierten Minisatelliten basieren. Anschließend wurden die natürlichen Prdm9-Allele daraufhin  untersucht ob sie Hybridsterilität auslösen können. "Unsere Ergebnisse zeigen, dass die Hybridsterilität von wilden Mäusen ebenfalls von PRDM9 kontrolliert wird, aber dass nur wenige Varianten von PRDM9 zu vollständiger Sterilität führen", sagt Dr. Odenthal-Hesse und fügt hinzu: "Interessanterweise führen die beiden Varianten, die bei Labormäusen Unfruchtbarkeit verursachen, dennoch auch in wilden Mäusen zu Unfruchtbarkeit, obwohl sie in den wilden Mauspopulationen gar nicht (mehr) vorhanden sind."

Die neuesten Untersuchungen bestätigen eindeutig, dass der allgemein akzeptierte funktionale Mechanismus der PRDM9-vermittelten Hybridesterilität, der eine Asymmetrie bei der Initiierung von Rekombinationsbrüchen induziert, auch bei wilden Mäusen auftreten kann. Andererseits legen die Daten nahe, dass die Hybridensterilität nicht binär ist, d.h. es nicht entweder vollständig fruchtbare oder vollständig sterile Tiere in freier Wildbahn gibt, sondern vielmehr ein graduellen Verteilung von hoher und niedriger Fruchtbarkeit.

Der Artikel wurde kürzlich im renommierten Journal Genetics (Genetics, Band 226, Ausgabe 3, März 2024) unter dem Titel "Natural variation in the zinc-finger-encoding exon of Prdm9 affects hybrid sterility phenotypes in mice." veröffentlicht.

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