Neues Graduiertenkolleg für angewandte Evolutionsforschung in Kiel

DFG fördert internationales Promotionsprogramm „Translational Evolutionary Research“ (TransEvo) mit 5 Millionen Euro.

14. Mai 2019

Am neuen Graduiertenkolleg sind Kolleginnen und Kollegen des Max Planck Instituts für Evolutionsbiologie in Plön beteiligt. Desweiteren ist eine Zusammenarbeit zwischen der bereits erfolgreich bestehenden International Max Planck Research School (IMPRS) für Evolutionsbiologie, eine Kooperation des MPI-EB, der CAU und dem Geomar, und dem Graduiertenkolleg geplant. So können Grundlagenforschung (IMPRS) und Angewandte Forschung (TransEvo) im Bereich der Nachwuchsförderung erfolgversprechend zusammen geführt werden.

- Pressemitteilung der CAU -
Am vergangenen Freitag (10. Mai) fiel die Entscheidung der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) für die Unterstützung des neuen Graduiertenkollegs (GRK) „Translational Evolutionary Research“ (TransEvo, deutsch: „Angewandte Evolutionsforschung“) an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU). Die in der Kieler Region starke Evolutionsforschung wird damit noch einmal deutlich aufgewertet. Die DFG-Förderung ermöglicht es der CAU, gemeinsam mit ihren Partnerinstitutionen ab 2020 Doktorandinnen und Doktoranden gezielt in der angewandten Evolutionsforschung auszubilden. Zentrale Aufgabe des neuen Kollegs ist die Entwicklung nachhaltiger Lösungen für gesellschaftliche Herausforderungen in den Bereichen Umwelt, Medizin oder Landwirtschaft, die stark evolutionäre Prozesse betrachten. Neben der CAU sind das Max-Planck-Institut für Evolutionsbiologie in Plön (MPI-EB), das GEOMAR Helmholtz Zentrum für Ozeanforschung Kiel, das Forschungszentrum Borstel (FZB) und das Max-Rubner-Institut (MRI) in Kiel beteiligt. Die Zusammenarbeit der Institutionen sorgt für eine disziplinübergreifende Einbettung der Forschungsaktivitäten von der Meeresforschung über die Landwirtschaft bis hin zur Medizin. 14 Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler können damit zu einem Forschungsthema mit evolutionärem Bezug ihre Promotionsprojekte aufnehmen und so die Grundlagenforschung in der Evolutionsbiologie einerseits und Lösungskonzepte in einem der Anwendungsgebiete andererseits vorantreiben.

Mit diesem Konzept will die Kieler Universität gemeinsam mit ihren Partnerinnen und Partnern einen in Zukunft steigenden Bedarf decken: „Angesichts vieler praktischer Herausforderungen brauchen wir künftig mehr Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die Erkenntnisse aus der Grundlagenforschung schnell in unterschiedliche Anwendungsfelder übertragen können. Wir freuen uns deshalb sehr, dass wir mit dem neuen Graduiertenkolleg für angewandte Evolutionsforschung ideale Bedingungen schaffen können, um unserem wissenschaftlichen Nachwuchs die dafür notwendigen Strukturen, Fähigkeiten und Erfahrungen vermitteln zu können“, lobt CAU-Präsident Professor Lutz Kipp das Konzept des Graduiertenkollegs.

Übertragung der Evolutionsforschung in die Anwendung

Evolution ist die zentrale Theorie der Lebenswissenschaften. Das neue Graduiertenkolleg untersucht ihre fundamentale Bedeutung für dringende gesellschaftlich relevante Probleme und entwickelt darauf aufbauend neue Lösungsansätze. Unbeabsichtigte menschliche Eingriffe in natürliche Systeme oder bestimmte medizinische Behandlungsmethoden führen oft dazu, dass der Ablauf der natürlichen Selektion als Treiber evolutionärer Entwicklungen verändert wird. Beispiele für solch nachwirkende Eingriffe sind der Einsatz von Antibiotika oder Krebsmedikamenten in der Medizin und von Pestiziden in der Landwirtschaft oder die Störung ganzer Ökosysteme. „Wir möchten verstehen, wie diese menschlichen Eingriffe den Ablauf evolutionärer Mechanismen im Detail beeinflussen“, betont der CAU-Evolutionsbiologe Professor Hinrich Schulenburg. „Das präzise Verständnis der vom Menschen beeinflussten Selektionsprozesse birgt den Schlüssel zu nachhaltigen Lösungen für eine Vielzahl von derzeitigen Herausforderungen wie die Antibiotika-Krise oder die Überfischung der Meere“, so Schulenburg weiter, der als Sprecher das neue GRK TransEvo leiten wird.

In diesem Rahmen wollen die Organisatorinnen und Organisatoren des Kollegs evolutionäres Denken in den drei Anwendungsbereichen Medizin, Nahrungsmittelproduktion sowie Artenschutz fördern. Ziel ist es, bedrohliche Herausforderungen zu lösen, die auf herkömmlichem Weg kaum zu beherrschen sind. Dazu gehören Fortschritte in der Beherrschung von Resistenzbildungen gegen bestimmte Medikamente oder neuartige Behandlungsformen, zum Beispiel in der Anwendung antibiotischer Wirkstoffe. Auch der Pflanzenschutz könnte künftig von nachhaltigen Strategien profitieren, die beispielsweise Pestizideinsätze und die dadurch hervorgerufenen Resistenzbildungen bei Pflanzenschädlingen vermeiden. Auch der immer bedrohlichere Verlust der weltweiten Artenvielfalt ist ein Problem, das möglicherweise durch die Translation evolutionärer Erkenntnisse abgemildert werden könnte. „All diese Beispiele zeigen, dass der Stellenwert einer evolutionären Perspektive für ein großes Spektrum von Forschungs- und Anwendungsfragen kaum zu überschätzen ist“, betont die stellvertretende GRK-Sprecherin Professorin Eva Stukenbrock. „Mit unserem neuen Ausbildungsprogramm wollen wir die Chance nutzen, diese Denkweise nachfolgenden Generationen von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern mit auf den Weg zu geben und damit das Wissen um die zentrale Bedeutung der Evolution künftig in den verschiedenen lebenswissenschaftlichen Disziplinen zu verankern“, so Stukenbrock weiter.

Innovatives Ausbildungsmodell

Eine besondere Stärke des neuen Promotionsprogramms, das sich in das interdisziplinäre Forschungsumfeld des Kiel Evolution Center (KEC) einfügt und einen bedeutenden Teil zur Nachwuchsförderung des CAU-Forschungsschwerpunkts Kiel Life Science (KLS) beiträgt, ist die neuartige Organisation der individuellen Forschungsprojekte: Sie sind so geplant, dass die Doktorandinnen und Doktoranden in explizit interdisziplinären Forschungstandems arbeiten. Das bedeutet, dass sie sich in jeweils zwei Teilprojekten mit thematisch verwandten und gleichzeitig in der Anwendung komplementären Forschungsansätze beschäftigen. „Unsere Nachwuchsforschenden sind damit aufgefordert, sich mit den Verbindungen der verschiedenen Disziplinen zu beschäftigen und mögliche Synergien zu erkennen und zu nutzen“, betont TransEvo-Sprecher Schulenburg. „Wenn zum Beispiel auf der einen Seite die Grundlagen der Resistenzevolution erforscht werden und andererseits ihre mögliche klinische Anwendung gegen bestimmte, unempfindliche Krankheitskeime Thema ist, vollziehen die Doktorandinnen und Doktoranden die künftig immer wichtigere Translation bereits im eigenen Forschungsprojekt“, macht Schulenburg klar.

Abbildungen zum Thema stehen zum Download bereit:
Bitte beachten Sie die Hinweise der CAU zur Verwendung.

Fotos zum Herunterladen:

Zur Redakteursansicht