Eva Stukenbrock erhält ERC-Förderung zur Erforschung pflanzenschädlicher Pilze

Europäischer Forschungsrat finanziert Forschungsprojekt „FungalSecrets“ an der CAU mit zwei Millionen Euro, das Zusammenhänge von Pilzpathogenen und pflanzlichem Mikrobiom aufdecken soll

3. Februar 2023

- Gemeinsame Pressemitteilung der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) und des Max-Planck-Instituts für Evolutionsbiologie Plön –
 

Am vergangenen Dienstag hat der Europäische Forschungsrat (Englisch: European Research Council, ERC) die Förderung des Projekts „FungalSecrets: Die Rolle der pflanzlichen Mikrobiota bei der Evolution von Pilzpathogenen und deren Repertoire an sekretierten Proteinen“ an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) bekannt gegeben. In den kommenden fünf Jahren können Professorin Eva Stukenbrock vom Botanischen Institut der Kieler Universität und dem Max-Planck-Institut für Evolutionsbiologie Plön (MPI-EB) und ihr Forschungsteam untersuchen, wie das pflanzliche Mikrobiom, also die mikrobielle Besiedlung einer Pflanze, auf molekularer Ebene von Pilzinfektionen beeinflusst wird. Das im Frühjahr beginnende Forschungsprojekt geht der Leitfrage nach, ob und wie pflanzenschädliche Pilze durch die Abgabe bestimmter Moleküle die mikrobielle Besiedlung ihrer Wirtpflanzen beeinflussen. Damit ist es für nachhaltige Pflanzenschutzstrategien in der Landwirtschaft von grundlegender Bedeutung. Stukenbrock, die unter anderem Mitglied im Sonderforschungsbereich (SFB) 1182 „Entstehen und Funktionieren von Metaorganismen“ und Sprecherin des Kiel Plant Centers (KPC) an der CAU ist, erhält dafür einen sogenannten ERC-Consolidator Grant, der zwei Millionen Euro an Fördermitteln beinhaltet.

 

„Ich möchte Eva Stukenbrock und ihrem Forschungsteam im Namen der gesamten Universitätsleitung herzlich gratulieren! Der Europäische Forschungsrat honoriert mit dieser bedeutenden Förderung in erster Linie ihre exzellenten persönlichen Leistungen in der Erforschung der Beziehungen von Pflanzen und Mikroorganismen. Zugleich betont die Förderzusage die wachsende Bedeutung dieses Forschungsfeldes an der CAU, das künftig vielversprechende Anwendungspotenziale im nachhaltigen Pflanzenschutz verspricht“, betont CAU-Vizepräsident für Forschung, Professor Eckhard Quandt.
 

Pflanzliches Mikrobiom und Pilze bekämpfen sich auf molekularer Ebene

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben seit vielen Jahren zahlreiche Details über die molekularen Interaktionen von pflanzlichen Krankheitserregern und der pflanzlichen Immunreaktionen zusammengetragen. Dabei konzentrierten sie sich insbesondere auf bestimmte Schlüsselmoleküle, die von Pathogenen ausgeschieden werden, um mit pflanzlichen Rezeptoren zu interagieren. „Wenn eine Pflanze von einem schädlichen Pilz infiziert wird, werden dabei vielfältige sogenannte Effektorproteine vom Pathogen abgegeben, die mit dem Immunsystem des Wirtes interagieren“, erklärt Stukenbrock, Leiterin der Arbeitsgruppe Umweltgenomik am Botanischen Institut der CAU, die im „FungalSecrets“-Projekt unter anderem mit Professor Bart Thomma von Universität Köln und Professorin Ksenia Krasileva von der University of California, Berkeley, zusammenarbeiten wird.

 

Die Forschenden wollen unter anderem die Rolle der Effektor-Proteine bei der Interaktion von Pathogenen und Mikrobiom untersuchen. Dabei werden sie unter anderem der Frage nachgehen, ob sich Krankheitserreger auf das jeweilige Mikrobiom ihres Wirts spezialisieren und wie Effektorproteine daran beteiligt sein können. Dabei stellen sie die Hypothese auf, dass die pflanzlichen Mikroben zum Beispiel bestimmte Stoffe abgeben können, die für die Krankheitserreger schädlich sind, um so die Besiedlungsversuche des Pilzes abzuwehren. „Wie genau dieser Kampf von Pilzen und Pflanzenmikrobiom auf molekularer Ebene abläuft und welche funktionelle Bedeutung die dabei ausgetauschten Stoffe haben, ist bislang weitgehend unbekannt. Hier möchten wir mit unserem neuen Forschungsprojekt ansetzen“, so KPC-Sprecherin Stukenbrock weiter, die auch im SFB 1182 ein Forschungsprojekt leitet.

 

Im „FungalSecrets“-Projekt wollen die Kieler Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler diese noch verborgenen Mechanismen künftig aufdecken und dazu zunächst das umfangreiche Repertoire an Effektor-Proteinen erfassen, das von schädlichen Pilzen bei der Infektion einer Pflanze abgegeben wird. „Wir vermuten, dass viele dieser Effektoren den Pilzen dabei helfen, die bereits in der Pflanze vorhandene Mikroben zu verändern und dadurch die Invasion des Wirts zu erleichtern“, so Dr. Elisha Thynne, wissenschaftliche Mitarbeiterin in Stukenbrocks Arbeitsgruppe. Das neue Forschungsprojekt verfolgt einen kombinierten Ansatz aus Bioinformatik, evolutionären Analysen, Molekular- und Mikrobiologie sowie praktischen Pflanzeninfektionstests, um diese Hypothesen zu überprüfen. „Dabei wollen wir insgesamt 2000 solcher Effektoren untersuchen, die von vier verschiedenen Pilzen produziert werden, um deren Proteinstrukturen zu bestimmen und verschiedene Funktionen zu identifizieren“, so Thynne weiter.

 

Erforschung von Pilzpathogenen für nachhaltige Pflanzenschutzstrategien

Auf dieser Grundlage wollen die Kieler Forschenden künftig die potenziellen antimikrobiellen Eigenschaften solcher Effektorproteine identifizieren, um deren Wirkung auf das Wachstum von 400 verschiedenen, in Nutzpflanzen vorkommenden Bakterien bestimmen zu können. Dabei wollen sie als Wirtspflanzen eine Reihe von wildlebenden Pflanzenarten untersuchen, die nah mit gängigen Kulturpflanzen wie Weizen, Gerste und Zuckerrüben verwandt sind. Insgesamt erhoffen sich die Partnerinnen und Partner des „FungalSecrets“-Projekts ein besseres Verständnis der Mechanismen, mit denen Pilze das pflanzliche Mikrobiom beeinflussen und so Infektionen erleichtern können. Geplant ist zudem, diese Arbeiten eng an das Forschungsprogramm des Kieler SFB 1182 anzubinden, dessen dritte Förderphase zurzeit vorbereitet wird.

 

Insgesamt erhoffen sich die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler von diesem Forschungsprojekt ein bedeutendes Anwendungspotenzial: Pilze zählen zu den Krankheitserregern, die am meisten Schäden beim Anbau von Nutzpflanzen verursachen können. Beim Weizen, der in Europa das am zweithäufigsten angebaute Getreide darstellt, können Pilze beispielsweise Ernteeinbußen von bis zu 50 Prozent verursachen, und stellen stellen also eine zentrale Herausforderung für die Ernährungssicherheit dar. „Insgesamt möchten wir grundlegende Wissenslücken im Zusammenhang mit der Ökologie von Pilzpathogenen schließen. Unsere Forschungsarbeiten werden Auswirkungen auf die angewandte Pflanzenforschung haben, die in künftig bessere Pflanzenschutzstrategien gegenüber Pilzpathogenen münden werden. Insgesamt wollen wir so zu den wissenschaftlichen Grundlagen für die Erhaltung der Pflanzengesundheit und Ernährungssicherheit beitragen“, fasst Stukenbrock zusammen.

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