Mal Freund, mal Feind
Eine neue DFG-Forschungsgruppe in Kooperstion mit der Universität Konstanz.
Wie unterschiedliche Arten miteinander interagieren, beispielsweise als Räuber und Beute, ist keinesfalls festgelegt und kann von den vorherrschenden Umweltbedingungen abhängen. Welche Faktoren dabei eine Rolle spielen, untersucht die neue DFG-Forschungsgruppe „DynaSym“.
Wie starr ist die Beziehung von unterschiedlichen Arten zueinander? Verhält sich beispielsweise ein Räuber gegenüber seiner Beute stets als Räuber? Und bleiben Arten, die um dieselben Nährstoffe konkurrieren, für immer Konkurrenten? In der Ökologie und der Evolutionsforschung wurde lange davon ausgegangen, dass derartige Beziehungen zwischen unterschiedlichen Arten tatsächlich festgelegt sind. Inzwischen ist allerdings bekannt, dass sie sich durchaus verändern können – je nach Umweltbedingungen.
Welche Rolle dabei die Populationsdichten der interagierenden Arten – also die Anzahl an Individuen der einzelnen Arten im betrachteten Lebensraum – spielen, ist eine der zentralen Fragen der neuen Forschungsgruppe „Density dependent symbiosis in planktonic systems“ (dt. „Dichteabhängige Symbiose in planktonischen Systemen“; kurz „DynaSym“), deren Förderung heute, am 2. Juli 2024, durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) bekanntgegeben wurde. Die DFG fördert den Verbund zunächst für vier Jahre (Start: Oktober 2024). Sprecher von DynaSym ist der Ökologe und Evolutionsbiologe Lutz Becks vom Fachbereich Biologie der Universität Konstanz.
Theoretische und experimentelle Ansätze verknüpfen
„Mit Mikroorganismen als Modellorganismen möchten wir herausfinden, welche dichteabhängigen Veränderungen es in der Interaktion zwischen Arten gibt und was deren Folgen für die Dynamik von Populationen und Gemeinschaften sind“, erklärt Becks. Unter welchen Bedingungen wird beispielsweise aus einer Konkurrenz-Beziehung eine Symbiose, also eine Beziehung, von der beide beteiligten Arten profitieren? Und wirken sich derartige Veränderungen rückwirkend auf die Populationsdichten aus – gibt es also Rückkopplungsmechanismen?
Die Forschungsgruppe wird acht Teilprojekte bearbeiten, die an insgesamt sechs deutschen Universitäten und Forschungsinstituten verortet sind. Hinzu kommen Kooperationspartnerinnen aus Frankreich, Israel und den USA. Die Kombination von experimentellen und theoretischen, modellierenden Ansätzen in den Projekten soll neue allgemeine mechanistische Erkenntnisse über die Dynamik von Organismen-Gemeinschaften liefern, um bestehende Theorien in der Ökologie zu überarbeiten und zu erweitern. „Mit unserem interdisziplinären Ansatz, der Expert*innen für experimentelle Ökologie und Evolution mit Modellierer*innen zusammenbringt, sind wir hervorragend aufgestellt, um die Prozesse, die der komplexen Dynamik von Lebensgemeinschaften zugrunde liegen, umfassend zu ergründen“, so Becks.
Teilprojekt aus Plön: Symbionten, Immunität und Parasitenepidemien
Im Rahmen der DFG-Förderung erhält Dr. Hildegard Uecker vom Max-Planck-Institut für Evolutionsbiologie in Plön Unterstützung für ihr Teilprojekt „Dichteabhängigkeit der symbiontenvermittelten Immunität und Parasitenepidemien in symbiontengeschützten Wirtspopulationen“. In dem Projekt geht es um Symbionten, die ihrem Wirt Schutz vor Parasiten bieten, in deren Abwesenheit jedoch selbst Kosten verursachen, d.h. selbst Parasiten sind, wenn auch weniger schädliche. Der Fokus liegt auf der Erforschung der kontextabhängigen Natur dieser Symbiose und ihrer Auswirkungen auf Parasitenepidemien. Die Studie wird analysieren, wie sich die Dichten aller drei Partner im Verlauf einer Parasitenepidemie verändern und wie diese Dichteänderungen mit der Form der Symbiose wechselwirken. Die klassische Wirt-Parasiten-Theorie reicht nicht aus, um die Dynamik solcher Systeme mit einem dritten Interaktionspartner zu beschreiben. Zusätzlich zu fundamentaler Theorie werden in Zusammenarbeit mit anderen Mitgliedern der Forschungsgruppe Modelle speziell für Planktonsysteme entwickelt. Im Rahmen des Projekts wird Dr. Uecker eine Doktorandin oder einen Doktoranden einstellen.
Über die Forschungsgruppen der DFG
Insgesamt richtet die Deutsche Forschungsgemeinschaft neun neue Forschungsgruppen und eine neue Kolleg-Forschungsgruppe ein, wie sie heute, am 2. Juli 2024, bekannt gab. Ziel der DFG Forschungsgruppen ist die Förderung einer mittelfristig angelegten, engen Zusammenarbeit von mehreren herausragenden Wissenschaftler*innen an einer besonderen Forschungsaufgabe, die es dem Verbund ermöglichen soll, Ergebnisse zu erreichen, die über die einer Einzelförderung deutlich hinausgehen. Die maximale Förderdauer einer Forschungsgruppe beträgt zweimal vier Jahre. In der ersten Förderperiode erhalten die neun neuen Forschungsgruppen insgesamt rund 41,3 Millionen Euro.
Faktenübersicht:
- Die Deutsche Forschungsgemeinschaft richtet neun neue Forschungsgruppen und eine neue Kolleg-Forschungsgruppe ein.
- Die Forschungsgruppe „Density dependent symbiosis in planktonic systems“ („DynaSym“) untersucht, welchen Einfluss die Populationsdichten auf die Interaktion zwischen unterschiedlichen Arten haben.
- Sprecher von DynaSym ist Prof. Lutz Becks, Ökologe und Evolutionsbiologe am Fachbereich Biologie der Universität Konstanz
- An DynaSym beteiligte Projektleiter*innen und Forschungseinrichtungen:
- Prof. Lutz Becks (Universität Konstanz)
- Prof. Ursula Gaedke, Dr. Toni Klauschies & apl. Prof. Guntram Weithoff (Universität Potsdam)
- Dr. Birte Matthiessen (GEOMAR Helmholtz-Center for Ocean Research, Kiel)
- Dr. Stefanie Moorthi (Universität Oldenburg)
- Prof. Herwig Stibor & Dr. Maria Stockenreiter (Ludwig-Maximilians-Universität München)
- Dr. Hildegard Uecker (Max-Planck-Institut für Evolutionsbiologie, Plön)
- Internationale Kooperationspartnerinnen:
- Prof. Frida Ben-Ami (Tel-Aviv University; Israel)
- Prof. Meghan Duffy (University of Michigan; USA)
- Prof. Jelena Pantel (University of Franche-Comté; Frankreich)