Neue Studie fordert ein Umdenken bei Kooperation in der Biologie

Forschende des Max-Planck-Instituts für Evolutionsbiologie und der Princeton University zeigen, dass natürliche Wachstumsunterschiede – und nicht nur strategische Interaktionen – einen entscheidenden Einfluss auf Kooperation in der Natur haben können.

10. April 2025

Auf den Punkt gebracht

  • Natürliche Wachstumsunterschiede beeinflussen Kooperation: Die Studie zeigt, dass Unterschiede im natürlichen Wachstum von Organismen entscheidend dafür sein können, ob kooperatives Verhalten bestehen bleibt – unabhängig von strategischen Interaktionen.
  • Kritik an klassischen Modellen: Traditionelle spieltheoretische Modelle wie die Replikatordynamik greifen zu kurz, da sie ökologische Faktoren und natürliche Unterschiede oft ausklammern.
  • Neue Perspektive auf biologische Kooperation: Fälle wie enzymproduzierende Hefen lassen sich besser verstehen, wenn man ökologische Realitäten in evolutionäre Modelle integriert.

 

Eine neue des Max-Planck-Instituts für Evolutionsbiologie und der Princeton University Studie stellt eine langjährige Annahme der evolutionären Spieltheorie in Frage. Traditionell gehen Modelle davon aus, dass ausschließlich Interaktionen über den Erfolg entscheiden. Diese Forschung hebt jedoch die Bedeutung natürlicher Wachstumsunterschiede hervor. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass Kooperation in der Natur möglicherweise weniger rätselhaft ist als bisher angenommen, und rufen zu einem neuen Ansatz auf, der ökologische Aspekte in evolutionäre Modelle integriert.

Seit Jahrzehnten nutzen Forschende ein Modell namens „Replikatordynamik“, um zu untersuchen, wie Individuen mit unterschiedlichen Strategien – etwa Kooperation oder Verweigerung – um das Überleben konkurrieren. Die neue Studie argumentiert jedoch, dass diese Modelle einen entscheidenden Faktor außer Acht lassen: natürliche Unterschiede in den Wachstumsraten zwischen Individuen, die evolutionäre Ergebnisse stark beeinflussen können. Solche Unterschiede lassen sich zwar in das Modell integrieren, doch erfordert dies meist die künstliche Einführung eines zusätzlichen strategischen Typs.

„Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass viele frühere Studien die Rolle der Kooperation möglicherweise falsch interpretiert haben.“
Arne Traulsen

„Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass viele frühere Studien die Rolle der Kooperation möglicherweise falsch interpretiert haben“, sagt Dr. Arne Traulsen, Mitautor der Studie. „Wenn Organismen unterschiedliche natürliche Wachstumsraten haben, kann ein Verhalten, das bislang als Kooperation bezeichnet wurde, auch dann fortbestehen, wenn klassische spieltheoretische Modelle seinen Rückgang vorhersagen. Gleichzeitig zeigt der Vergleich zwischen Ökologie und evolutionärer Spieltheorie deutlich eine Diskrepanz zwischen spieltheoretischen Arbeiten zur Evolution von Kooperation und ökologischen Arbeiten zu Mutualismus auf.“

Die Forschung liefert eine neue Perspektive auf Fälle wie Hefepilze, die Enzyme produzieren, um Zucker abzubauen – sowie auf Stämme, die keine Enzyme produzieren. Bislang wurden solche Szenarien als Auseinandersetzung zwischen Kooperierenden und Trittbrettfahrern gesehen. Die Studie legt jedoch nahe, dass die natürlichen Wachstumsvorteile der enzymproduzierenden Hefen ausreichen könnten, um diese aufrechtzuerhalten – ohne dass komplexe strategische Interaktionen notwendig sind.

Durch die Integration ökologischer Faktoren in evolutionäre Modelle könnte diese Forschung zu einem umfassenderen Verständnis darüber führen, wie Arten interagieren, sich entwickeln und Vielfalt bewahren. Die Studie hat Auswirkungen auf eine Vielzahl von Fachgebieten – von der Mikrobiologie bis hin zur Verhaltensökologie.

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